Half Bad - Genug Romantasy-Kitsch, jetzt wird's düster!


»Es ist die Art, wie du denkst und wie du dich benimmst, die zeigt, wer du bist. Du bist nicht böse, Nathan. Nichts an dir ist böse. Du wirst eine mächtige Gabe haben, aber erst, wie du sie einsetzt, entscheidet, ob du gut oder böse bist.« (S. 126)

Seit frühester Kindheit wird Nathan vom Rat der Weißen Hexen überwacht, unterdrückt und verfolgt. Denn seine Mutter ist eine Weiße Hexe - und sein Vater niemand anderes als Marcus, der gefährlichste und mächtigste Schwarze Hexer ihrer Zeit, der für den Tod unzähliger Hexen verantwortlich ist. In Nathan sieht der Rat seine Chance gekommen: Welch besseren Köder könnte es geben um Marcus einzufangen als seinen eigenen Sohn? Und auch wenn Nathan ihm nie begegnet ist, wird er immer und überall misstrauisch beäugt und für seine dunkle Hälfte verurteilt. Kann er den anderen beweisen, dass er nicht böse ist? Oder ist er dazu verdammt, ein Schwarzer Hexer zu werden? 

                                                            Meine Meinung                                                            

Im Jugendfantasy-Bereich wirkt es seit einiger Zeit so, als könnte man nur noch mit sexy mysteriösen Vampiren, Engeln oder Ähnlichem punkten. Welch positive Überraschung stellt da Sally Greens düsteres »Half Bad« dar, in der zur Abwechslung mal kein liebeshungriges Mädchen einem übernatürlichen Schönling hinterherhechelt. Stattdessen erwartet uns mit dem »Halbcode« Nathan ein ungewöhnlicher Protagonist und ein sehr spannender Weltenentwurf, in dem Hexen neben normalen Menschen existieren. Mich hat die Mischung von Anfang an begeistert, auch wenn die Geschichte zeitweise ihre Längen hatte.

Die Geschichte beginnt damit, dass der sechzehnjährige Nathan in einem Käfig gefangen gehalten wird, irgendwo in der Einöde Schottlands. Während er verzweifelt auf seine Chance wartet, der skrupellosen Hexe zu entkommen, die ihn gefangenhält und misshandelt, erzählt er rückblickend, wie er in dem Käfig gelandet ist. Wie er seit frühester Kindheit von den Weißen Hexen überwacht wird und sich den Untersuchungen des Rates stellen muss. Und wie sie ihn schließlich eingesperrt haben, um an seinen gefährlichen Vater zu kommen, den er jedoch noch nie getroffen hat. Doch nun nähert sich sein siebzehnter Geburtstag und Nathans Zeit läuft ab. Denn wenn er an diesem Tag keine drei Geschenke von seinem Vater erhält, muss er sterben...

"Half Bad" ist fast schon mehr Gesellschaftskritik als Fantasyroman, denn die Zauberei spielt hier eher nur eine untergeordnete Rolle (obwohl wir schon ein paar echt coole Zauber erleben). Stattdessen erleben wir, wie seine Mitschüler und die gesamte Hexengesellschaft auf Nathan reagieren, der - wenigstens rein äußerlich - das absolute Ebenbild seines berühmt-berüchtigten Vaters ist. Selbst seine Mutter konnte seinen Anblick nicht ertragen und hat sich selbst umgebracht. Nur sein Halbbruder Arran hält stets zu ihm und gibt nichts auf die Vorurteile der anderen. So wie auch die bildschöne Annalise, deren Familie zu den einflussreichsten Weißen Hexern zählt...

Nathans trauriges Schicksal hat mich alles andere als kalt gelassen und ich war schockiert, wie er von den ach so guten Hexen behandelt wird. Seit er ein Baby war, wird er überwacht, kontrolliert und unterdrückt. Ständig werden neue Gesetze vom Rat der Weißen Hexen herausgegeben, die Halbcodes wie ihm das Leben schwer machen. Sie müssen angeben, wann und wohin sie verreisen, wen sie treffen und jedes Jahr ihre Gesinnung testen lassen - kein harmloses Unterfangen, denn Schwarze Hexen werden gejagt, eingesperrt oder direkt getötet. Und so muss Nathan jedes Jahr wieder beweisen, ob er mehr nach seiner Mutter oder seinem Vater schlägt. Trotz des Rassismus und der Unterdrückung, der Nathan sich immer wieder ausgesetzt sieht, lässt er sich nicht unterkriegen, auch wenn sein innerer Konflikt zwischen seiner guten und bösen Seite durchaus spürbar ist und er oft überlegt, warum er eigentlich noch gut sein sollte.

Bei dieser Geschichte muss man sich wirklich fragen: wer sind eigentlich die Bösen? Die Schwarzen Hexen, die ihre Macht selbstsüchtig nur für ihr eigenes Wohl nutzen? Oder die Weißen Hexen, die ihre Fähigkeiten (angeblich) für das Gute einsetzen? Fakt ist, in diesem Buch sieht man nicht sonderlich viel Gutes von den Weißen Hexen, denn sie herrschen mit erbarmungsloser Hand. Nathan wird eingesperrt, geschlagen, gefoltert - und all das, ohne jemals etwas Böses getan zu haben. Einfach nur, weil er ein Schwarzer Hexer werden könnte. Wie die Weißen Hexen an die Macht gekommen sind und wieso sie so gnadenlos regieren, erfährt man in diesem ersten Teil noch nicht. Umso gespannter bin ich, wie Sally Green Nathans Geschichte weiterspinnen wird. 

Ihr Debüt bietet auf jeden Fall eine innovative und frische Mischung aus Fantasydrama, Verfolgungsjagd, Freundschaft, Liebe und Unterdrückung und ist in meinen Augen sehr gut gelungen. Wir erfahren viel über die Hexengesellschaft und ihre Kultur und lernen skurrile und undurchsichtige Weiße und Schwarze Hexen kennen, die alle reges Interesse an Nathan haben. Aber wem kann er eigentlich trauen? Im Mittelteil hatte das Buch zwar so seine Längen, was den Lesegenuss etwas geschmälert hat. Das war aber lange nicht genug, als dass ich nicht trotzdem begeistert von dem Buch war. 

»Half Bad« bietet eine packende, düstere und oftmals auch grausame Fantasygeschichte mit frischen Charakteren und einem spannenden Konzept, die ich all jenen weiterempfehle, die genug von den typischen Romantasygeschichten haben. Lasst euch von Nathans ungewöhnlicher Geschichte überraschen!

Half Bad: Das Dunkle in mir - Sally Green
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag

Verlag: cbj, Seiten: 432 ISBN: 978-3-570-15842-5
Leser: Ab 14 Jahren

Originaltitel: Half Life Trilogy #1 - Half Bad
Preis: 17,99 [D]

Willis Fazit:




11 Kommentare:

  1. Ich freue mich auch schon total auf das Buch, muss aber noch 2 Monate warten :)

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  2. Diese Andersartigkeit hat mir auch sehr gut gefallen. Ich war ebenso schockiert über die Behandlung von Nathan. Er wird eigentlich nur gemobbt, weil er "anscheinend" anders ist. Er tat mir mehr und mehr leid.

    Ein wenig mehr Fantasy hätte ich mir schon erhofft, aber nichtsdestotrotz fand ich es auch einen sehr interessanten Auftakt und ich bin gespannt, wie es weitergeht :-)

    Liebe Grüße

    Steffi

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    1. Ich hatte auch Mitleid mit ihm und weiß nicht, ob ich nicht schon längst meine böse Seite rausgeholt hätte :-)
      Ich denke mal, im nächsten Band kriegen wir bestimmt mehr Fantasy. Immerhin hatte Nathan bis zu seinem 17. Geburtstag ja noch keine magische Gabe.

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    2. Hihi, ich auch. Mir wäre das schon lange zu blöd gewesen. Hab mir ständig gedacht, dass Ethans mütterliche Seite doch sehr stark sein muss :-)

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  3. Mir gefällt deine Rezi sehr gut! Das Buch klingt sehr nach meinem Geschmack und ich werde es direkt auf meine Wunschliste setzen! ;)

    Liebste Grüße,
    Claudi

    claudi-liest.blogspot.de

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  4. Das klingt wirklich gut und interessant. Wandert gleich mal auf meine WuLi :)

    Lg Shellan ❤

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  5. Hört sich richtig gut an! Mal was anderes in dem Genre tut wirklich gut:D
    Alles Liebe und ich wünsche dir einen wundervollen Tag!
    <3
    Catherine

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  6. Ich hab das Buch auch hier liegen und freue mich tierisch darauf, es zu lesen!!! Schöne Rezi mal wieder!!!

    LG
    Kathi

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  7. Danke für die tolle Rezi! Das Buch hört sich wirklich toll an und wandert sofort auf meine Wunschliste.

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  8. Das liegt schon seit der fbm auf meiner Wunschliste, und deine rezi hat das definitiv nicht geändert! XD
    obwohl ich eigentlich Fan von schnulzen bin, Sind Abwechslungen immer gut...

    Liebste Grüße
    Tabea

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  9. Das hört sich sehr gut an. Ich glaube, ich möchte das Buch auch lesen. Insbesondere das Schlagwort "Genug Romantasy-Kitsch" hat mich überzeugt ;-)

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