Die besten zehn Sekunden meines Lebens - Was, wenn du dein Leben noch einmal leben könntest?

„Sag mal, wenn du dein Leben noch einmal leben könntest, würdest du alles noch mal genauso machen?“ „…Nicht ganz. Ich würde von Anfang an meine Brillen bei Fielmann kaufen“.

Nein, hier soll keine Schleichwerbung für den Optiker gemacht werden. Ich will damit verdeutlichen, dass jeder von uns wohl schon Entscheidungen in seinem Leben getroffen hat, die er/sie später bereut hat. Sei es das Ablehnen einer Partyeinladung, die Trennung vom Partner, das ausgeschlagene Jobangebot, oder eben die Entscheidung für den falschen Optiker, wie im Fielmann-Werbespot. :-) Um genau dieses Thema soll es in dem Buch gehen, dass ich euch heute vorstellen will: „Die besten zehn Sekunden meines Lebens“.




„Mein Leben ist eine Abfolge von verpassten Chancen und grauenhaften Timingfehlern.“ Das ist das bittere Resümé von Chris  Mackenbrock zu seinem Leben. Er ist fast vierzig, dick, hat einen Beruf, der ihm keinen Spaß macht, ist mit einer Frau zusammen, die nur seine zweite Wahl war und für die er keine Leidenschaft hegt und sieht auch keinerlei Verbesserungsmöglichkeiten mehr. Zu oft hat er die Chancen vertan, die ihm sein Schicksal in den Weg geworfen hat. Hätte er doch nur zugestimmt, mit Mark zu trainieren, um seine Pfunde loszuwerden; hätte er doch nur Kathleen seine Liebe gestanden; hätte er doch nur fürs Abi gelernt und was Ordentliches studiert. 

Doch zurück zum Anfang: die Geschichte beginnt sehr humorvoll. Ich lerne Chris als übergewichtigen sechzehnjährigen Schüler des Jahres 1983 kennen, der erst bemerkt, dass er in Kathleen verliebt ist, als er auf einer Klassenfahrt nackt, bekifft und betrunken unter ihrem Bett liegt. Seine zukünftigen Annäherungsversuche verlaufen eher unbeholfen und führen ihn in eine katholische Jugendgruppe, in der er in hautengen Hosen Pantomime spielen muss, oder auch in die neu gegründete Partei der Grünen, wo er wegen radikaler Aktionen verhaftet wird. Doch trotz allem klappt es einfach nicht mit Kathleen und der großen Liebesgeschichte.
Je älter Chris wird, desto mehr büßt die Geschichte an Humor ein. Es wird ernst, deprimierend, traurig. Das passt aber gut, schließlich geht es mit Chris und seiner Lebenseinstellung ja auch immer weiter bergab, bis zum Tiefpunkt, an dem er über sein Leben nur noch sagen kann „Guter Versuch, mein Junge – aber das war wohl nichts.“ 

Doch dann, auf unerklärliche Weise, wacht er eines Morgens in seinem alten Kinderzimmer auf. Und nicht nur das, er ist wieder jung. Er ist wieder im Jahr 1983! Das Schicksal gewährt ihm einen zweiten Versuch auf dem Karussell des Lebens. Wenn er diesmal alles richtig macht, kann dem Leben mit seiner Traumfrau doch eigentlich nichts mehr im Wege stehen…

Das Buch startet sehr humorvoll, wird jedoch immer trauriger und deprimierender, je älter Chris wird und erkennen muss, dass er nichts erreicht hat in seinem Leben. Mit dem Zeitsprung zurück in die Vergangenheit entsteige ich als Leser aber schlagartig wieder dem Stimmungstief, in das ich nach etwa 2/3 des Buches gefallen war. Chris kämpft erneut mit den alltäglichen, banal wirkenden Problemen eines Schülers. Und muss erkennen, dass man nicht alles genau planen kann, auch wenn man die Zukunft kennt.

Wer bei diesem Buch eine Komödie mit einem Feuerwerk an Witzen erwartet, dürfte enttäuscht sein. Das Buch hat zwar seine lustigen Momente, ist aber auch genauso oft ernst und traurig. Wer aber ohne diese Erwartung an das Buch herangeht, dürfte von einer ungewöhnlichen Liebes- und Lebensgeschichte überrascht werden.

Die besten zehn Sekunden meines Lebens - Roger Schmelzer 
Taschenbuch: 256 Seiten
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10: 3462041401
Preis: 14,95

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Willis Fazit:

1 Kommentar:

  1. ...ach, das steht auch schon so lange auf meiner Wunschliste. Tolle Rezi dazu

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