Als Jonathan bei einem Autounfall seine geliebte Tochter verliert, bricht für ihn seine Welt zusammen. Der ehemals erfolgreiche Fotograf und Eventmanager sieht keinen Sinn mehr in seinem Leben, er betrinkt sich und hängt mit Pennern im Park rum, nur um nicht nach Hause zu müssen, wo ihn alles an seine Tochter erinnert. Als dann auch noch der schuldige Autofahrer, der zum Unfallzeitpunkt sturzbetrunken war, dank des mit der Familie befreundeten Richters freigesprochen wird und nicht einmal eine Bewährungsstrafe erhält, verfällt er vollständig der Wut. Wie kann es nur so ungerecht zugehen im Leben?
So fährt er schließlich einfach los nach Italien, um sich von seinem alten Leben zu lösen. In einem kleinen Dorf findet er eine Bleibe und traut seinen Augen kaum, als er dort die Gutstochter kennenlernt. Sie sieht seiner toten Tochter zum Verwechseln ähnlich. Wenn er schon seine eigene Tochter nicht beschützen konnte, denkt sich Jonathan, so will er wenigstens dafür sorgen, dass dieser jungen Frau nichts passieren kann und heiratet sie nach ein paar Wochen, um mit ihr gemeinsam das verfallene Gut zu einem schönen Feriendomizil umzugestalten. So gehen sechs Jahre ins Land und Jonathan führt ein glückliches, unkompliziertes Leben. Bis ausgerechnet der Richter, der den jungen Fahrer damals freigesprochen hat, bei ihnen Ferien macht. Der alte Hass kocht wieder in ihm hoch und Jonathan beschließt, sich an allen Beteiligten zu rächen. Doch ihr Tod allein reicht ihm nicht aus…
Vor dem Hintergrund der beschaulichen Toskana entführt uns die Autorin in eine Tragödie unglaublichen Ausmaßes. Jonathan hat mich als Leser dabei in einen großen Gewissenskonflikt gebracht. Einerseits kann ich durchaus den Zorn und den unbändigen Hass verstehen, den er für die Beteiligten am Tod seiner Tochter empfindet. Andererseits fühle ich mich aber auch abgestoßen und schockiert von der Skrupellosigkeit und Brutalität, mit der er vorgeht. Gerade das zeigt aber für mich, dass die Autorin in der Lage ist, glaubhafte Charaktere mit Tiefgang zu schreiben. Und auch ganz allgemein hat ihr Schreibstil irgendetwas an sich, was die Seiten nur so an mir vorbeifliegen lässt. Obwohl man stellenweise schon erahnen kann, was wohl passieren wird, und das Buch weder sonderlich actiongeladen noch blutig ist, bleibt es doch spannend von der ersten Seite bis zum dramatischen Schluss.
Mein Fazit: Ein Buch über die sinnlose zerstörerische Macht der Rache, die das Leben aller Beteiligten ruiniert. Nichts für schwache Nerven!
Mein Fazit: Ein Buch über die sinnlose zerstörerische Macht der Rache, die das Leben aller Beteiligten ruiniert. Nichts für schwache Nerven!
Sabine Thiesler, geboren 1957 in Berlin, studierte Germanistik und Theaterwissenschaft, bevor sie als Schauspielerin im Fernsehen und Theater auftrat. Sie gehörte der Berliner Kabarettistengruppe "Die Stachelschweine" an, schreibt Drehbücher und arbeitete als Synchronsprecherin (sie gab u.a. Geena Davis ihre deutsche Stimme). Heute ist sie vorrangig als Schriftstellerin und Drehbuchautorin tätig.
Der Menschenräuber - Sabine Thiesler
Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag
464 Seiten
Heyne Verlag
Preis: 19,95 Euro
Vielen Dank an academicworld für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
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