Totenmädchen - Die besten Geschichten schreibt das wahre Leben

„Ich erinnere mich daran, wo ich Reverend Coxeter das letzte Mal sah: Es war nicht in der Kirche, sondern in einem kalten und grauen Hof, bei eisigem Regen. Er flehte Gott an, Mitleid mit mir zu haben, meine Seele aufzunehmen und mich rasch ins Paradies einzulassen. Hinter ihm standen eine Menschenmenge, ein riesiges hölzernes Schafott, von dem ein schweres, geknotetes Seil herabhing, und ein Mann mit einer schwarzen Haube. Und sie alle warteten auf mich, denn ich... ich sollte gehängt werden."
 
Anne Green ist eine einfache Bedienstete im Haus der reichen Familie Reade. Als der Erbe Geoffrey Reade sie bedrängt, mit ihm zu schlafen unter dem Versprechen, dass er sie zu seiner Ehefrau machen wolle, sobald das Erbe ihm gehört, lässt sie sich törichterweise mit ihm ein – und wird schwanger. Doch Geoffrey bestreitet, der Kindesvater zu sein und lässt Anne im Stich, deren Kind viel zu früh als Totgeburt auf die Welt kommt. Als wäre das nicht schon schlimm genug, wird sie anschließend verdächtigt, ihr Kind ermordet zu haben, um ihre Affäre zu verheimlichen, und zum Tode verurteilt.
Nur Stunden nach ihrer Hinrichtung liegt sie auf dem Seziertisch der Mediziner und ein junger Student wagt seinen Augen kaum zu trauen. Annes Augenlieder bewegen sich; lebt sie etwa noch?


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Kann ein Buch, dessen Ausgang man von vornherein kennt, noch spannend sein? Mary Hooper beweist es: ja, das geht! In „Totenmädchen“ erzählt sie die Geschichte von Anne Green, einem sechzehnjährigen Mädchen, welches 1650 tatsächlich gelebt und zum Tode durch den Strang verurteilt wurde, weil sie ihr neugeborenes Kind ermordet haben soll. Anne beteuerte bis zum Schluss ihre Unschuld und flehte Gott an, dass Er die gegen sie erhobenen Anschuldigungen entkräften möge. Doch dem Strick konnte sie nicht entkommen. Nach ihrer Hinrichtung wurde ihr Körper Medizinern zur Sezierung übergeben. 

Und genau dort setzt die Geschichte ein. Der junge Student Robert, der unter seinem starken Stottern leidet, bemerkt es als erstes. Annes Augenlieder bewegen sich. Krampfhaft versucht er, die Doktoren darauf aufmerksam zu machen, doch er bringt keinen ganzen Satz heraus. Aber bevor der erste Schnitt gesetzt wird, bemerken auch die anderen Studenten, dass Anne sich, kaum merkbar, bewegt. Könnte Gott sie vielleicht doch am Leben gelassen haben, um ihre Unschuld zu beweisen, auf die Anne bis zuletzt eisern schwor?

Den Aufbau der Geschichte ist ideal gewählt, denn abwechselnd aus Annes und aus Roberts Sicht wird die Handlung erzählt. Anne, die in der Dunkelheit gefangen ist und denkt, dass sie sich im Fegefeuer befinden muss, blickt zurück auf ihr kurzes Leben und wie es dazu gekommen ist, dass sie gehängt wurde. So erfährt man, wie sie eigentlich in den Schmiedlehrling John verliebt war, sich aber dummerweise von der Aussicht auf Reichtum in die Arme des Erben Geoffrey locken ließ.  Anne bereut diese Tat sehr, zumal sie daraufhin ständig den Anfeindungen und Missgunst der anderen Bediensteten ausgesetzt ist.
Ihr Schicksal und die grausame Art, wie sie behandelt wurde, hat mich manchmal schon fast verzweifeln lassen und ich habe wirklich mit dem armen Mädchen gelitten, doch genau in solchen Momenten, wenn es fast nicht mehr zu ertragen war, verlegt die Autorin die Geschichte glücklicherweise in die Gegenwart, wo Anne gerade auf dem Seziertisch liegt und die Mediziner angestrengt versuchen, ihren Lebensfunken neu zu entfachen. 

Auch wenn man, weil es sich um eine historisch belegte Geschichte handelt, schon gleich zu Anfang weiß, was geschehen wird, ist die Geschichte doch bis zum Schluss spannend und ich habe richtig mitgefiebert, wann Anne endlich wieder aufwacht und was mit ihren Peinigern passieren wird. Anne, Robert und auch die anderen Charaktere wie der strenge Hausherr Thomas Reade, der Anne am meisten den Tod wünscht, sind allesamt gut gelungen und ich konnte sie mir bildlich vorstellen.

Mein Fazit: „Totenmädchen“ schildert das traurige Schicksal der unschuldig verurteilten Anne Green, die 1650 starb, und der Welt doch wiedergegeben wurde. Manchmal siegt die Gerechtigkeit eben doch. Ein schönes Jugendbuch! 

Totenmädchen - Mary Hooper
Taschenbuch: 320 Seiten
Verlag: cbj (18. April 2011)
ISBN-10: 3570400727
Preis: 7,99 Euro

Willis Fazit:




Herzlichen Dank an den cbj-Verlag für das Rezensionsexemplar!

6 Kommentare:

  1. Ich stimme dir sowas von zu! Ich fand das Buch auch echt klasse und habe dem Buch in meiner Rezi sogar 5/5 Punkten gegeben.
    Super Rezension!

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  2. Tz, tz, tz, nicht so viel spoilern, liebe Friederike!^^ Ich fand das Buch auch gut und hab es genau wie du bewertet. :-)

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  3. Was was was? Ich hoffe, du meinst das nicht ernst, ich will niemanden spoilern, und das steht doch schon alles im Klappentext *jammer*

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  4. ich hab das Buch auch gelesen und mir hat es auch gefallen, ich fand den Schreibstil nur etwas monoton.

    LG Kerry

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  5. Du hast ja recht! *g* Aber das ist wirklich das Bemerkenswerte an dem Buch, dass man eigentlich so ziemlich alles schon weiß, aber trotzdem gefesselt von ihm ist! Super!

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  6. Hey :D
    schöne Rezi, ich kann dir total nachempfinden, aber mich hat es trotzdem nicht angesprochen. Hab "nur" 3/5 punkten vergeben...
    Die anderen Bücher von Mary Hooper sind besser

    schau doch auch mal bei mir vorbei :D

    LG
    Weisselilie

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