Atemnot - Vielschichtig, tiefgründig, authentisch. Ich bin begeistert!


"Komm vorbei, hatte er gesagt, egal wann. Hatte er das ernst gemeint? Ich war mir ziemlich sicher. Ich habe auch gespürt, dass wir um etwas herumtanzten, in einer komplizierten Schrittfolge zu einem uralten Rhythmus, den er kannte, den ich aber noch nicht ganz verstand. Vielleicht tanzte ich auch allein, und das Ganze spielte sich nur in meiner Fantasie ab. Wie so viele andere Dinge." (S. 156)

Während andere Mädchen mit 16 Jahren ihren ersten Freund finden, auf Partys gehen und keine großen Sorgen im Leben haben, hat Jenna einfach schon zu viel erlebt, um so optimistisch und unbekümmert durchs Leben zu gehen. Und so fällt ihr auch der Wechsel an eine neue Schule alles andere als leicht, nachdem sie gerade erst ein Jahr lang in der Psychiatrie verbracht hat. Doch dann trifft sie auf ihren neuen Lehrer, Mr. Anderson. Er ist nicht nur unglaublich gut aussehend, sondern auch noch verständnisvoll, charmant und scheint genau zu verstehen, was in ihr vorgeht. Jenna weiß, dass die Gefühle, die sie für ihn entwickelt, weit über das erlaubte Maß hinausgehen. Aber nicht immer ist das Verbotene falsch. Und nicht immer ist alles so, wie es scheint...


                                                             Meine Meinung                                                            

Kennt ihr das auch? Ihr beginnt ein Buch zu lesen und ahnt schon nach den ersten Seiten, dass diese Geschichte etwas ganz Besonderes ist und euch noch lange nach dem Lesen beschäftigen wird. Dieses Gefühl überkam mich beim Lesen von Atemnot und ich sollte damit recht behalten. Die Geschichte glänzt nämlich nicht nur mit vielschichtigen und authentischen Charakteren, sondern auch mit einer unvorhersehbaren psychologischen Geschichte, in der die Autorin geschickt mit den Erwartungen der Leser spielt. Immerhin, ein unheimlich gut aussehender, charismatischer Lehrer, eine junge, schöne und verlorene Schülerin - ich hatte eigentlich recht klare Erwartungen, wie die Geschichte zwischen Jenna und Mr. Anderson ablaufen würde. Und wurde letztlich doch total überrascht!  

Die Geschichte beginnt damit, dass Jenna im Krankenhaus liegt und einem Polizisten erklärt, was in den letzten Wochen geschehen ist; wie sie Mr. Anderson getroffen hat und wie es dazu kam, dass sie nun hier im Krankenhaus gelandet ist. Dabei erfährt man, dass sie bisher wahrlich kein leichtes Leben gehabt hat: als Kind ist sie bei einem Brand fast gestorben, ihre Mutter trinkt zu viel, ihr Vater ist ein herrischer Kontrollfreak und ihr großer Bruder, der ihr sonst immer Halt geboten hat, ist weg. Ihr Körper ist mit Narben übersät und nicht alle stammen von dem Brand. Da trifft sie an ihrer neuen Schule auf ihren Lehrer, Mr. Anderson - der schönste Mann, dem sie je begegnet ist! Und als er sich ihrer annimmt und Jenna für das Laufteam der Schule gewinnen will, scheint es mit ihrem Leben endlich bergauf zu gehen. Denn von ihm fühlt Jenna sich zum ersten Mal verstanden und findet in Mr. Anderson einen Freund, dem sie sich anvertrauen kann. Aber Jenna ist nun mal keine Prinzessin, die ein Happy End verdient hat...

Vielschichtig, tiefgründig, emotional und sehr spannend liest sich diese Geschichte und ich muss sagen, ich habe schon lange nicht mehr so an einem Buch geklebt. Atemnot ist in meinen Augen ein herausragendes Jugendbuch, weil es viele ernste Themen wie psychische Probleme, Missbrauch, Alkoholsucht und Selbstverletzung anschneidet, weshalb das Buch teilweise aber auch sehr heftig ist. Auch der Erzählton von Jenna ist eher düster gehalten und weckt beim Lesen immer wieder schlimme Vorahnungen, wie es wohl mit ihr und Mr. Anderson weitergehen wird. Aber denkt nicht voreilig, dass ihr die Geschichte durchschaut habt! Bei Ilsa J. Bick gibt es nämlich kein einfaches Schwarz und Weiß, kein reines Gut und Böse. Jenna ist nicht nur ein verletzliches Mädchen und Mr. Anderson ist nicht nur der liebeswerte, charmante Lehrer.

Man merkt beim Lesen, dass die Autorin vom Fach ist, denn ihre Charaktere weisen eine psychologische Tiefe auf, die viele andere Jugendbücher vermissen lassen. Als Psychiaterin für Kinder und Jugendliche hat Ilsa J. Bick sicherlich schon einiges miterlebt, und gerade deshalb ist Jenna mit ihren Problemen wohl so realistisch geraten. Aber nicht nur sie, sondern alle Charaktere haben ihre Geheimnisse, und erst ganz am Schluss durchschaut man wirklich alles und sieht das ganze Ausmaß der Tragödie, die Jenna Lords Leben ist.

Mich konnte die Geschichte wirklich begeistern und ich empfehle das Buch allen weiter, die ungewöhnliche Geschichten mit psychologisch komplexen Charakteren und spannendem, unerwarteten Twist mögen. Ich kann euch versprechen, Atemnot wird garantiert nicht mein letztes Buch von Ilsa J. Bick gewesen sein :-)

Atemnot - Ilsa J. Bick
Taschenbuch: 352 Seiten
Verlag: Egmont INK; Auflage: 1 (4. September 2014)
ISBN-10: 3863960645
Originaltitel: Drowning Instinct

Willis Fazit:

6 Kommentare:

  1. Eine schöne Rezension, die mich auf das Buch neugierig gemacht hat. Danke!

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  2. ich sollte das Buch wirklich endlich auch mal lesen ^^
    Eine tolle Rezi hast du da verfasst.

    LG Puppette

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  3. Dito! Ich finde auch, dass man merkt, dass Ilsa J. Bick vom Fach ist. Die Charaktere waren komplett gut ausgearbeitet und sehr tiefgründig und vielschichtig. Ich habe da Buch auch so schnell weggeschmökert und nach dem Lesen hat es mich noch einige Zeit beschäftigt....
    Grüß dich lieb,
    Damaris

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  4. Ich fand das Buch auch richtig, richtig toll!! Kann die negativen Rezensionen, die man doch hier und da liest, gar nicht verstehen. Die Thematik wurde super und interessant umgesetzt und ich hab einfach nicht mehr mit dem Lesen aufgehört. Ganze 5 Sterne wärens bei mir dann wahrscheinlich auch nicht, aber auf jeden Fall eine sehr gute Bewertung!

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    1. Ich fand es auch sehr gut und "anders" umgesetzt. Ich hoffe, die anderen Bücher von Ilsa J. Bick werden auch bald übersetzt...

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  5. Eine sehr gute Rezension, liebe Friedelchen und ich kann dir nur zustimmen. Das Buch hat mich etwas nachdenklich werden lassen.
    Liebe Grüße,
    Uwe

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