Willkommen in Night Vale - Skurril, abstrus, aber auch seltsam faszinierend



Gebundene Ausgabe | 378 Seiten | Klett-Cotta Verlag | Übersetzung: W. Freund/ A. Wandel | Hier kaufen


"Außerdem in den Nachrichten: Ein Mann in hellbraunem Jackett und mit einem Hirschlederkoffer wurde gesehen. Ich habe keine Ahnung mehr, wer er ist oder warum das in die Nachrichten gehört, aber es muss mal von Bedeutung gewesen sein. Ich habe mir notiert: "Sag das Wichtige über den Mann im hellbraunen Jackett." Was war es? Was sollte ich sagen?" (S. 159)


Night Vale, ein Ort wie jeder andere? Weit gefehlt! Das Wüstenörtchen könnte gar nicht skurriler sein. Hier leben Engel (deren Existenz anzuerkennen allerdings illegal ist), am Himmel schweben ständig seltsame Lichter und Bibliotheken sind furchtbar gefährliche Orte, aus denen man nicht lebend zurückkehrt. Hier betreibt Jackie, die seit Jahrzehnten nicht gealtert ist, das örtliche Pfandhaus und durchlebt tagein, tagaus dieselbe Routine. Bis eines Tages ein fremder Mann einen Zettel mit der Aufschrift "King City" verpfändet. Und plötzlich ist nichts mehr so, wie es einmal war... 

Wenn Patrick Rothfuss ein Buch als "Möglicherweise das beste Buch, das ich in den letzten Jahren gelesen habe." bewirbt, dann MUSS man einfach neugierig werden. Und so war ich unheimlich gespannt auf Willkommen in Night Vale. Doch trotz aller Neugier muss ich gestehen, dass ich ungefähr bis zur Hälfte des Buches so meine Probleme damit hatte. Es wollte mich nicht so recht packen, hat mich zeitweise mit seiner Detailfülle überfordert und meine Geduld auf die Probe gestellt.

Dabei ist die Grundidee eigentlich echt spannend. Jackie erhält von einem Fremden einen Zettel, den sie fortan nicht mehr los wird. Sie zerreißt, verbrennt, verschluckt ihn, und trotzdem hält sie ihn eine Sekunde später wieder in der Hand. So bleibt ihr nichts andere übrig, als das Geheimnis hinter "King City" zu lösen. Ein zweiter Erzählstrang schildert die Geschichte von Diane, die die Mutter eines Gestaltwandlers ist und ebenfalls dem Fremden begegnet. Als einer ihrer Kollegen verschwindet und sich niemand an ihn erinnern kann, begibt sie sich auf die Suche nach ihm.

Weshalb ich so meine Probleme hatte, in die Geschichte reinzukommen, war, weil man sofort mit einer Flut von Details überschüttet wird und sich die Sätze ziemlich anstrengend lasen, denn jeder Satz ist ein Widerspruch in sich. Ich hatte das Gefühl, die Autoren wollten damit verdeutlichen, dass sie ganz besonders kreativ sind. Einerseits kann man nur den Hut vor soviel Ideenreichtum ziehen, andererseits hat sich das Buch dadurch unheimlich anstrengend gelesen. Ich war mehrmals kurz davor, das Buch abzubrechen, aber dann gab es immer wieder kleine Szenen, die mich dann doch wieder ans Buch gefesselt haben. So ging es mir ungefähr bis zur Hälfte des Buches, dann hatte ich mich scheinbar eingegroovt. Letztlich war es das Geheimnis um den mysteriösen Zettel, den Jackie einfach nicht mehr los wird, welches mich ans Buch gefesselt hat. Ich MUSSTE einfach wissen, was es damit auf sich hat und wie die Lösung dieses Rätsels aussehen würde. 

Skurril und abstrus beschreibt dieses Buch wohl am besten. In Night Vale sind viele Dinge anders, als wir sie kennen. Engel existieren, aber niemand darf ihre Existenz anerkennen. Wolken haben Gefühle und Häuser können denken. Bibliothekare sind menschenfressende Monster. Es gibt Gestaltwandler, die mal wie ganz normale Jungen, mal wie Vogelspinnen oder Fantasiewesen aussehen. Und und und... Insgesamt wird man besonders zu Beginn fast von den vielen Informationen erschlagen. Wenn man bereits die Podcasts kennt, auf denen das Buch basiert, mag die Informationsflut nicht so groß sein, denn dort wurden die Infos sicherlich in besser verdaulichen kleinen Portionen geliefert. Aber als alleinstehendes Buch muss man sich erst daran gewöhnen.

So war Willkommen in Night Vale für mich ein sehr ungewöhnliches Lesevergnügen. Anders, manchmal ganz cool, manchmal etwas anstrengend, aber immer irgendwie faszinierend, wird das Buch sicherlich seine Fans finden. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich es nun toll fand oder eher nervig :-P




Ich bedanke mich herzlich beim Klett-Cotta Verlag und Blogg dein Buch für das Rezensionsexemplar!

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