Die Eindringlinge - Ein Buch wie ein guter Gruselfilm

"Begreifst du denn nicht?" Er beugte sich vor, und in seinen Augen brannte ein Feuer. "Das sind die Eindringlinge, Jack. Das sind die Leute im Innern."

Jack Whalen, ehemaliger Polizist, hat nach der erfolgreichen Veröffentlichung eines Buches den Polizeidienst quittiert und versucht nun, seine Karriere als Schriftsteller auszubauen. Doch als ihn ein alter Freund bittet, ihn bei einem mysteriösen Mordfall zu unterstützen, gerät sein altes Leben plötzlich aus den Fugen. Seine Frau verschwindet bei einer Geschäftsreise spurlos, taucht aber wenig später wieder auf, als wäre nie etwas gewesen. Doch sie benimmt sich eigenartig und auf ihrem Handy findet Jack mysteriöse Nachrichten.  

Derweil verlässt hunderte Kilometer entfernt ein neunjähriges Mädchen ihr Zuhause, ohne ein Wort zu ihren Eltern, ohne dass ihr selbst bewusst ist, wo sie hinwill. Doch sie hat eine Mission zu erfüllen...

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Ich lese nicht allzu häufig Thriller, aber die Beschreibung dieses Buches konnte mich sofort für sich gewinnen, besonders auch, weil der Klappentext  eine "Mischung aus Hochspannung, Paranoia und Grusel pur" verspricht. Grusel? Wird es vielleicht sogar etwas übernatürlich mit Geistern oder Aliens? Oder doch nur ein normaler Krimi? Nun ja, man muss das Buch schon komplett gelesen haben, um das zu erfahren und ich will euch auch auf keinen Fall alles verraten. Über weite Teile des Buches blieb es jedenfalls völlig unklar, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln würde und wie die einzelnen Handlungsstränge zusammenhängen. Und genau diese Ungewissheit hat mich regelrecht an das Buch gekettet.

Es beginnt mit einem Mord. Eine Frau und ihr Sohn werden von einem Mann ermordet, der scheinbar nach irgendetwas sucht und der geübte Thrillerleser würde nun erwarten, dass es mit den Ermittlungen weitergeht, Hinweise gesammelt werden und Verdächtige auftauchen. Doch Pustekuchen, der Mord spielt erstmal kaum noch eine Rolle und versinkt in einer dunklen Schublade im Hinterkopf des Lesers.

Stattdessen geht es weiter mit Jack, einem ehemaligen Polizisten. Er wird von einem alten Schulfreund um seine Hilfe bei den Ermittlungen in besagtem Mordfall gebeten. Doch Jack lehnt ab, schließlich hat er sich von seiner Polizeikarriere verabschiedet und muss an seinem nächsten Buch arbeiten. Und so vergisst er die Bitte schnell wieder. Als ihn seine Frau Amy jedoch eines Abends von ihrer Geschäftsreise nicht anruft und auch er sie nicht erreichen kann, reißt ihn das aus dem gewohnten Trott. Er fährt selbst nach Seattle, um Amy zu suchen, doch was er dort erfährt, verunsichert ihn nur noch mehr. Amy war nie in dem gebuchten Hotel und auch ihr Chef weiß nichts von dieser Geschäftsreise. Tage später taucht sie wieder auf, als sei nichts gewesen, doch sie benimmt sich irgendwie seltsam, hat andere Gewohnheiten, vergisst wichtige Dinge...

Zeitgleich tritt die neunjährige Madison auf, die gerade eine Woche mit ihrer Mutter im Strandhaus verbringt. Als ihr am einsamen Strand ganz allein ein unheimlicher Mann begegnet und meint, er hätte etwas für sie und sie dürfe niemandem davon erzählen, schwante mir schon Böses, doch es kam ganz anders. Der Mann gibt ihr eine Visitenkarte und in derselben Nacht verschwindet Madison spurlos. Im Verlaufe des Buches begegnen wir ihr immer wieder an unterschiedlichen Orten, von denen Madison nicht weiß, wie sie dort hingekommen ist. Wohin ist sie überhaupt unterwegs?

Es dauert einige Zeit, bis sich Jacks und Madisons Schicksale verknüpfen. Doch statt sich langsam zu klären, wurde die Geschichte dadurch nur noch mysteriöser. Übernatürlich mysteriös? Das möchte ich nicht verraten, denn gerade das macht den Reiz des Buches für mich aus. Eins kann ich euch aber sagen: es handelt sich nicht um einen normalen Thriller, bei dem eigentlich nur nach dem Mörder gesucht wird. Stattdessen bietet uns Marshall hier ein fesselndes Verwirrspiel. Bröckchenweise werden dem Leser Hinweise hingeworfen, was es mit Madisons Gedächtnislücken und sogar den Veränderungen von Jacks Frau auf sich hat, und langsam aber sicher bekommt man eine Ahnung, womit man es hier zu tun hat. Aber nun ja, ahnen ist etwas anderes als wissen, und so blieb ich gespannt bis zum Schluss an den Seiten hängen. Und auch wenn die Auflösung etwas zu wünschen übrig lässt, trägt das doch nur weiter zum mysteriösen Gesamteindruck des Buches bei und hat mich nicht enttäuscht.

Neben der spannenden Geschichte und dem wirklich gut gelungenen Charakter des Jack Whalen hat mich auch Marshalls Schreibweise an das Buch gefesselt. Ich kann gar nicht genau sagen, was mir daran so gut gefallen hat, aber er schreibt so geschliffen und wohlformuliert, dass es sich einfach unheimlich angenehm und zügig weggelesen hat. Der Autor versucht nicht krampfhaft, den Leser mit besonders brutalen Geschehnissen oder Worten zu schockieren, aber die unheimliche Stimmung und der leichte Grusel schleichen sich trotzdem ins Gehirn. Somit wurde das Versprechen einer "Mischung aus Hochspannung, Paranoia und Grusel pur" für meinen Geschmack mehr als erfüllt und ich fand den Mix echt gut gelungen, so dass ich mir gleich Nachschub von diesem Autor bestellen werde.

Mein Fazit: Knallharten Realisten könnten einige Wendungen im Buch aufstoßen, wer also etwas gegen einen leichten „Akte X“-Faktor hat, dem sei von „Die Eindringlinge“ abgeraten. Wer aber nach einem mehr als ungewöhnlichen Thriller sucht, der wird hier packende Unterhaltung finden. 


Michael Marshall - Die Eindringlinge
Taschenbuch: 512 Seiten
Verlag: Knaur TB (7. Juli 2011)
ISBN-10: 3426501171
Preis: 9,99 Euro

Willis Fazit:


5 Kommentare:

  1. Mensch, Mensch, das klingt aber wieder gut O.o Ich liebe ja Thriller und wenn ein Thriller dann noch total anders ist und interessant aufgebaut dazu...Mensch, das Buch muss ich haben!
    Danke für die aufschlussreiche Rezension, und wieder habe ich einen Punkt mehr auf meiner Wunschliste :D

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  2. oh ha - das klingt ja super!
    gleich notiert :)

    liebe grüße
    anka

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  3. Der Klappentext hat mich jetzt nicht so überzeugt, aber ich kam in den Genuss der Leseprobe (war der Prolog) und die war in jedem Fall sehr spannend und machte Lust auf mehr. Mein SuB platzt derzeit aus allen Nähten, aber sobald ich wieder was unterbringen kann, steht dieser Titel mit auf der Liste :)

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  4. Das Buch klingt echt verlockend! Und das, obwohl ich in dem Genre selten was lese.

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  5. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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