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Bei den Büchern vom Haymon-Verlag kann ich vor dem Lesen
immer nur schwer einschätzen, was mich bei dem Buch erwarten wird. So
ging es mir auch hier. "Ludwigs Zimmer" klingt nach einem Familiendrama
und fängt sehr bedächtig an. Auf seinen Streifzügen durch die Räume des Hauses sieht Kurt sich immer wieder mit den düsteren Erinnerungen seiner Familie konfrontiert - und mit seinen eigenen. Ganz besonders fasziniert ihn Ludwigs Zimmer, ein Raum, der stets verschlossen war, wenn Kurt früher zu Besuch war. Was hat der Onkel vor seinem Tod in dem Zimmer gemacht, wenn er sich stundenlang darin eingeschlossen hat? Und warum heißt es überhaupt Ludwigs Zimmer? In ihrer Familie gab es keinen Ludwig.
Ich finde, dieses Buch zeichnet sich weniger durch die Geschichte aus, die es erzählt (obwohl die auch interessant ist), sondern vielmehr durch die Art, wie es erzählt wird. Quasi ohne Punkt und Komma reiht Hotschnig seine Gedanken über Leben und Tod, Schuld und Reue aneinander, und trotzdem verliert man als Leser weder den Faden noch das Interesse. Am meisten hat mich dabei das stets präsente Gefühl gefesselt, dass das ganze Dorf irgendwie in die Sache verwickelt ist, die Kurts Onkel in den Selbstmord getrieben hat. Man kann erahnen, dass er und noch weitere eine Schuld auf sich geladen haben.
Hauptsächlich geht es bei "Ludwigs Zimmer" um Erinnerungen. Verdrängt, unterdrückt, versteckt, hinter Mauern, Wäldern, im Keller. Vor der Familie, vor den Nachbarn, vor sich selbst. Wovor Kurt eigentlich genau wegläuft, wird nicht klar, doch scheinen ihn seine Erinnerungen langsam in den Wahnsinn zu treiben. Immer wieder hat er grausame (Tag)Träume von Leichen und Blut. So wird das Buch immer mehr zu einer psychologischen Studie über die menschlichen Abgründe und die Selbstzerstörung - und erzählt gleichzeitig ein Stück Geschichte Kärntens. Keine leichte Kost, aber durchaus lohnenswert.
Ludwigs Zimmer - Alois Hotschnig
Broschiert: 134 Seiten
Verlag: Haymon Verlag; Auflage: 1 (23. Februar 2011)
ISBN-10: 3852188539
Preis: 9,95 Euro
Willis Fazit:
Ich bedanke mich herzlich beim Haymon-Verlag für das Rezensionsexemplar!
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