Virals - Tote können nicht mehr reden - Tempe Brennan in Klein?


"Es war naiv von uns zu glauben, dass wir überhaupt eine Chance hatten. Dass eine Horde halbwüchsiger Intelligenzbestien in der Lage sein könnte, einem Mörder das Handwerk zu legen. Wahrscheinlich kriegte der sich gar nicht wieder ein vor Lachen."

Tory Brennan, die vierzehnjährige Großnichte der berühmten Wissenschaftlerin Temperance, lebt seit dem Tod ihrer Mutter vor ein paar Monaten bei ihrem Vater Kit in Charleston. Kit arbeitet dort als Wissenschaftler auf einer Forschungsinsel vor der Küste und gerade diese Insel mit dem dichten Wald, den Laboren und angesiedelten Affen ist der ideale Ausflugsort für Tory und ihre neu gefundenen Freunde. Doch bei einem ihrer Streifzüge über die Insel machen sie eine schockierende Entdeckung: nicht nur werden in den Laboren verbotene Tierexperimente an einem kleinen Welpen durchgeführt, sie finden auch noch die Knochen einer menschlichen Leiche mitten im Wald vergraben. Tory und die anderen stürzen sich in die Ermittlungen, um den vierzig Jahre zurückliegenden Mord zu klären, nicht ahnend, dass sie das in große Gefahr bringt, denn der Mörder setzt alles daran, das Geheimnis um die Leiche zu bewahren. Doch das ist nicht ihr einziges Problem. Was die Freunde nämlich nicht ahnen: der Hund, den sie heimlich aus dem Tierlabor befreit haben, trägt einen ansteckenden Virus in sich. Und der hat die Vier bereits befallen...


                                                              Meine Meinung                                                             

"Virals" ist der erste Ausflug von Kathy Reichs in das Jugendbuchgenre. Was war wohl ihre Motivation zu diesem Buch? Wollte sie sich eine neue Zielgruppe erschließen? Oder hatte sie nach dem eher mauen Urteil zum letzten Tempe Brennan-Roman das Gefühl, es wäre Zeit für einen Neuanfang? Wenn, dann ist er ihr nur in gewissen Maßen gelungen.

Von Anfang an hatte ich nämlich das Gefühl, hier auf Tempe Brennan in Klein zu treffen. Ihre vierzehn Jahre nimmt man Tory anfangs nur schwer ab, weil sie ziemlich erwachsen daherredet, wenn sie beispielsweise meint, ohne Koffein nicht auszukommen oder mehr von wissenschaftlichen Analysen versteht als viele Erwachsene. Sie ist genauso mutig und dickköpfig wie ihre berühmte Tante und auch sie kann nicht eher ruhen, bis sie das Geheimnis um die Leiche im Wald geklärt hat. Und wie auch Tempe greift Tory immer wieder gerne zur Cola Light, eine Randinfo, die mich als langjährige Kathy Reichs-Leserin sehr schmunzeln ließ.
Im Laufe des Buches merkt man allerdings doch, dass Tory eben nur ein Teenager ist, wenn sie dem attraktiven Highschoolschwarm verfällt oder vor Horror erstarrt, als ihr Vater sie zum Debütantinnenball anmeldet. Ausgerechnet Tory, die immer in Shorts und mit ungekämmten Haaren rumrennt, soll auf einem Ball in die Gesellschaft eingeführt werden, bei dem man vornehme Kleider mit weißen Spitzenhandschuhen tragen muss?

Die Charaktere sind Reichs durchweg gut gelungen, auch wenn sie oftmals etwas klischeemäßig erscheinen. Tory und ihre drei Freunde Shelton, Ben und Hi, zum Ärger von Kits Freundin alles Jungen, sind allesamt sehr sympathisch und ich freue mich darauf, ihnen im nächsten Buch ("Seizure") wiederzubegegnen.

Kathy Reichs bleibt sich ihrem Stil treu und den erkennt man auch in diesem Buch sofort wieder. Ganz nebenbei werden nämlich historische Fakten zur lokalen Geschichte Charlestons eingestreut und natürlich fehlen auch Beschreibungen von wissenschaftlichen Analysen nicht. Einzig die oftmals etwas ausschweifenden und ermüdenden Knochenbeschreibungen aus den Tempe Brennan-Büchern fehlen; klar, denn Tory ist schließlich keine Knochenspezialistin wie ihre Tante.

Klingt alles wie gehabt, doch "Virals" bietet dem Kathy Reichs-Fan auch etwas Neues. Die Geschichte nimmt nämlich nach und nach leicht übernatürliche Züge an (unter dem Deckmäntelchen der Wissenschaft), aber wirklich nur leicht, so dass sich der Leser eigentlich nicht ins Fantasygenre versetzt fühlen sollte. Es hat mit dem Virus zu tun, den der Hund in sich trägt und jeder kann eigentlich schon erahnen, was mit den Kindern passiert. Plötzlich können sie schneller laufen, besser riechen und sehen und verfügen über unglaubliche Körperkräfte. Anfangs fand ich diese Entwicklung etwas, naja... ich hatte befürchtet, dass Kathy Reichs auf den Werwolf-Trip aufspringen will, aber diese Sorge war eigentlich unbegründet, denn schließlich ist das überhaupt nicht ihr Stil. Ich bin gespannt, welche Rolle ihre Kräfte im nächsten Buch spielen werden. Eine Supernase eignet sich schließlich hervorragend zum Leichen-Erschnuppern :-)

Die Geschichte von "Virals" ist dabei so gestrickt, dass es stets spannend bleibt, auch wenn man als Leser durch Einblicke in die Gedanken von verdächtigen Erwachsenen oftmals schon mehr weiß als die vier Freunde. Allerdings fand ich den finalen Showdown am Ende doch etwas übertrieben und dick aufgetragen, (wer sich da plötzlich alles als verlogen und böse herausstellt, unglaublich) weshalb es von mir keine Höchstwertung gibt. Trotzdem hat mir das Buch insgesamt betrachtet echt gut gefallen.

Mein Fazit: Kathy Reichs vermixt in "Virals" altbekannte Zutaten mit einer spannenden Geschichte und einer neuen Akteurin, die frischen Wind in ihre langsam angestaubten Bücher bringt. Ich freue mich sehr auf Nachschub und "Seizure" wird jetzt vorbestellt :-)

Virals - Tote können nicht mehr reden - Kathy Reichs
Gebundene Ausgabe: 480 Seiten
Verlag: cbj (21. März 2011)
ISBN-10: 357015288X

Preis: 18,99 Euro

Willis Fazit:






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4 Kommentare:

  1. Ich finds irgendwie schön, dass die Autorin jetzt auch für Jugendliche schreibt. Ich hab die Serie "Bones" gebannt verfolgt und werde mir wohl mal dieses Buch auf den SUB legen. LG :)

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  2. das buch klingt sehr interessant :D und auch deine rezi ist gut und macht mich neugierig ^^
    lg july

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  3. Das klingt nach wirklich guter Unterhaltung! Da ich noch nie was von Kathy Reichs gelesen habe, laufe ich auch nicht Gefahr von der Ähnlichkeit zwischen ihr und dem Virals-Teenie genervt zu sein :)

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  4. Ich hatte vorher noch nichts von Reichs gelesen (bin lediglich großer Bones-Fan ^^), weswegen ich deine Vergleiche in der Rezi echt interessant finde. :) Seizure wird bei mir auch bald vorbestellt ;) Bin auch total gespannt, wie sich das mit den "Superkräften" weiterentwickelt.
    Bin übrigens sehr froh, dass das nicht in Richtung Werwolf geht, wenn die sich plötzlich in Hundeform verwandelt hätten, boah, ich hätte das Buch wahrscheinlich zugeklappt xD

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