Space Opera - Satirische Scifi-Geschichte mit überbordender Fantasie

Ihr liebt den Eurovision Song Contest? Und zufällig auch einzigartige Science Fiction Geschichten mit durchgeknallten Aliens? Dann könnte mein heutiger Buchtipp perfekter nicht sein: 

Broschierte Ausgabe | Fischer TOR Verlag | 352 Seiten | Übersetzung: Kirsten Borchardt | Hier kaufen

"In dem Fall, dass eine sich neu bewerbende Spezies auf den letzten Platz kommt, wird ihr Sonnensystem für mindestens 50.000 Jahre in Quarantäne versetzt, ihre Kultur in ihrer Gesamtheit vernichtet und die Ressourcen ihres Heimatplaneten verantwortungsvoll ausgebeutet. Nach einer sorgfältigen genetischen Neuaussaat der Biosphäre wird die betreffende Zivilisation mit großer Präzision aus dem Orbit ausgelöscht, damit wir alle nachts ruhig schlafen können." (S. 79)

Jedes Jahr findet er statt: der Metagalaktische Grand Prix, der größte, bunteste und abgedrehteste Gesangswettbewerb aller Galaxien, bei welchem dem Verlierer die Auslöschung seiner gesamten Art droht. Und dieses Jahr neu dabei: die Menschheit. Während auf Erden Panik ausbricht, haben die Aliens bereits entschieden, welcher Sänger würdig genug ist, die Menschheit beim Grand Prix zu vertreten: Decibel Jones, erloschener Glamrock-Star. Doch der ist alles andere als begeistert, die Verantwortung für die gesamte Menschheit zu schultern, immerhin ist seine Kreativität schon vor langer Zeit gestorben... 

Willkommen zur größten Party des Universums, liebe Mitmenschen! Wobei, hätten wir sie lieber mal verpasst, denn wer auf dieser Party nicht glänzen kann, hat sehr schlechte Zukunftsperspektiven, denn es droht nichts anderes als die Auslöschung. Und ausgerechnet ein Gesangswettbewerb soll über das Fortbestehen der Menschheit entscheiden. Gut, dass die Aliens keine deutschen Sänger/Bands ausgewählt haben, denn unsere Erfolge beim Eurovision Song Contest sind ja doch spärlich gesät :-D Stattdessen zieht der Engländer Decibel Jones für die Menschheit in die Schlacht und beschert uns damit ein absolut einzigartiges, durchgeknalltes Leseerlebnis, welches seinesgleichen sucht!

Es beginnt damit, dass ein außerirdisches Wesen, welches sich am besten als ultramarinblauer Flamingo mit Laterne am Kopf beschreiben lässt, allen Menschen auf der Welt gleichzeitig erscheint und ihnen vom bevorstehenden Metagalaktischen Grand Prix erzählt, der darüber entscheiden wird, ob die Menschheit als empfindungsfähige Spezies anerkannt wird. Während die Menschen auf unterschiedlichste Weise auf diese Nachricht reagieren, herrscht bei Decibel vor allem ein Gefühl vor: Unglaube, dass sein Name auf der Liste der möglichen Kandidaten steht.

Statt besonders großen Wert auf technische Detailbeschreibungen zu legen, geht es beim Konzept der Space Opera vor allem um eins: Unterhaltung. Und die bekommen wir hier auf jeden Fall geboten, denn die Geschichte steht ganz in der Tradition der satirischen Science Fiction, deren bekanntester Vertreter "Per Anhalter durch die Galaxis" ist. So musste ich auch bei Catherynne M. Valentes Geschichte oftmals laut lachen oder vor Absurdität ungläubig den Kopf schütteln.

So durchgedreht und bunt wie die Geschichte selbst sind auch ihre Akteure. Auf der Reise nach Litost, wo in diesem Jahr der Grand Prix stattfindet, lernen wir jede Menge verschiedene Alienrassen kennen, deren Entstehungsgeschichte abwechseln mit handlungsvorantreibenden Szenen erzählt wird. Und die Autorin zeigt hier, dass unsere altbekannte Vorstellung von grünen Aliens, die dem Menschen ansonsten doch recht ähnlich sind, fast schon naiv und viel zu einfallslos ist. In Valentes Werk begegnen uns Aliens wie die Elakh, die wie eine Aneinanderreihung von hunderten schwarzen Augäpfeln aussehen, ultramarinblaue Flamingos oder auch Glaskugeln namens Ursula, die mit empfindungsfähigem Gas gefüllt sind.     

Aber hey, in Sachen Kreativität steht unser neuer Messias den Aliens in nichts nach. Decibel Jones, mit gebürtigem Namen eigentlich Danesh, trägt am liebsten einen Technicolor-Dreamcoat, dem er den Namen Robert gegeben hat und erinnert vom Glam und der Einzigartigkeit her an den Queen-Frontsänger Freddy Mercury. Um seine Lieder beschreiben zu können, mussten überhaupt erst einmal neue Begriffe geschafffen werden. Perfekter Stoff also für die Aliens, die vor allem eins von den Teilnehmern des Grand Prix erwarten: bloß keine Langeweile!

Man merkt es schon, Space Opera ist überbordend von Fantasie und Ideenreichtum. Das, gepaart mit einem verschachtelten, ins kleinste Detail gehenden Erzählstil, hat Catherynne M. Valentes Werk auf mich teilweise fast schon überfordernd und etwas zu langgezogen wirken lassen, aber irgendwann hatte ich mich eingefuchst und konnte die Show genießen.

Etwas schade fand ich, dass der Grand Prix selbst dann vergleichweise wenig von der Geschichte einnimmt. Es dauert lange, bis wir Litost endlich erreichen. Dafür wird uns dann am Ende aber auch noch einmal ein bewusstseinssprengendes Finale präseniert, welches der durchgedrehten, einzigartigen Geschichte das glitzernde Krönchen aufsetzt.

Mein Fazit: Fans von satirischer Scifi in der Tradition von Douglas Adams werden mit Space Opera definitiv glücklich werden. Für mich war es ein ungewöhnliches, absolut einzigartiges Lesevergnügen, auch wenn ich manchmal etwas mit dem langsam voranschreitenden Erzählfluss zu tun hatte. Aber das Durchhalten hat sich gelohnt :-)


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