Der Zirkel - Packendes Fantasybuch über Feminismus, welches mich gespalten zurücklässt

Heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, welches mich anfangs total begeistern konnte, dann aber in meinen Augen doch geschwächelt hat: Der Zirkel von Lizzie Fry. Erfahrt hier, ob sich das Buch über Hexen und Feminismus trotzdem für euch lohnt:

Broschierte Ausgabe | 496 Seiten | Heyne Verlag | Übersetzung: Beate Brammertz

Magie ist real - und gefährlich! Daher erlässt der neue Präsident der USA das Gesetz, Hexen zum Schutz der Gesellschaft einzusperren oder zu töten. Die Angst vor den magisch begabten Frauen befällt die ganze Welt und bald schon sind Hexen nirgends mehr sicher vor gewalttätigen Übergriffen. Als in Texas die Hexe Adelita mithilfe eines abtrünnigen Sentinels aus dem Gefängnis ausbricht und zeitgleich tausende Meilen entfernt in England eine neue mächtige Hexe erwacht, scheint endlich die Zeit gekommen, sich zu erheben, das System der Unterdrückung ein für alle Mal zu stürzen. Doch auch die Gegner der Hexen sind mächtig, und schrecken vor keinem Mittel zurück...

Ach Mensch Lizzie Fry, dabei hat es doch so gut mit uns angefangen :-/ Zunächst war ich total begeistert von der Geschichte, las sie sich für mich doch wie ein feministischer Schlachtruf, der sich nahtlos einreiht in so mitreißende und aufwühlende Geschichten wie "Die Gabe" von Naomi Alderman, "Vox" von Christina Dalcher oder "Der Report der Magd" von Margaret Atwood. Doch ab der Hälfte verlief sich die Geschichte in meinen Augen immer mehr in an den Haaren herbeigezogenen Verknüpfungen und Klischees, sodass ich mit einem sehr gemischten Eindruck zurückbleibe.

Dabei ist "Der Zirkel" eine dieser Geschichten, die mich emotional total mitreißen können, bei denen ich beim Lesen gefühlt die Hälfte der Zeit auf 180 bin, weil ich mich so aufregen muss über die Ungerechtigkeiten, die den Frauen hier widerfahren. Es geht um Feminismus, Gleichberechtigung, Unterdrückung, und das hat Lizzie Fry in meinen Augen super transportiert.

Und auch das Worldbuilding war echt interessant: ein kleiner Prozentsatz der weiblichen Weltbevölkerung verfügt über magische Kräfte, und unterteilt sich in "harmlose" Küchenhexen, Kristallhexen und die mächtigen Elementarhexen. Ausgehend von den von Puritanern regierten USA, werden diese Frauen jedoch seit Jahrzehnten unterdrückt, von skrupellosen Sentinels gejagt, in "Engelshöhlen" umerzogen oder, im Falle von Elementarhexen, sofort getötet.

Leider wurde mir die so spannend beginnende Geschichte irgendwann doch etwas monoton durch die ständig auftretenden Kämpfe, in denen die Hexen ihre Kräfte einsetzen; hier merkt man der Autorin an, dass sie auch Drehbuchautorin ist und alles so plastisch und actionreich wie möglich beschreiben wollte. Mir war es irgendwann einfach zu viel des Gleichen, und so habe ich mich öfter dabei erwischt, hier nur noch die Seiten zu überfliegen, um endlich zu erfahren, wie es weitergeht. Denn die Handlung selbst, die war super spannend und der ein oder andere Twist kam für mich wirklich unerwartet und hat mich an die Seiten gefesselt. 

Wie beschrieben, am Anfang war ich echt schwer begeistert und total involviert in die Handlung. Aber irgendwann mehrten sich so kleine Punkte, die einzeln betrachtet gar nicht so störend gewesen wären, in der Summe aber an mir genagt haben. So beispielweise, dass die Hinleitungen zum nächsten Schritt manchmal einfach wirr waren. Beispiel: unseren Protagonisten wurde gesagt, sie sollen zum Ursprung aller Hexen reisen. Die Argumentation, die einer der Charaktere dann fährt: die mächtigste Hexe aller Zeiten wurde im englischen Exeter geboren, und ihre Mentorin hat am gleichen Tag wie sie Geburtstag. Wir müssen also nach Salem reisen. ... Häh???

Außerdem hat mich mit fortschreitendem Lesen gestört, dass Lizzie Fry für eine Autorin, die selbst ein Buch darüber geschrieben hat, wie man Frauencharaktere NICHT schreiben sollte, meiner Meinung nach doch oftmals tief in die Klischeekiste gegriffen hat: die rationale Ärztin, die eigentlich eine leidenschaftliche, gefühlsbetonte Frau ist, die nur auf die Liebe gewartet hat, oder die Antagonistin, die so durch und durch boshaft wie ein Disney-Bösewicht ist. Grundsätzlich waren die Bösen hier auch wirklich nur das, da gab es keine Grauzonen oder Motive, die ihre Taten nachvollziehbarer hätten machen können. Das hat zwar dafür gesorgt, dass ich mich herrlich aufregen konnte und genau wusste, wer hier zu hassen ist, aber andererseits hätte ich mir da etwas mehr Tiefgang gewünscht.

Insofern bleibe ich mit einem gemischten Eindruck zurück: Handlung und Worldbuilding konnten mich überzeugen, die Charaktere leider weniger. Sorry, aber bei der Vermischung von Fantasy, Feminismus und Dystopie habe ich schon besseres gelesen.

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